SNI INSight: Wofür gab es den dies- jährigen Nobelpreis in Chemie? Jonathan de Roo: Der Preis wurde für die Entwicklung von Metal-Organic Frameworks verliehen – kristalline Mate- rialien, die aus Metallionen oder -clustern bestehen, die durch organische Liganden verbunden sind. Diese Strukturen besit- zen unzählige Poren und damit eine rie- sige innere Oberfläche. Dadurch eignen sie sich hervorragend, um grosse Mengen an Gasen oder Flüssigkeiten zu speichern oder zu trennen. Das Spannende ist: Durch die gezielte Wahl des Metalls und der Liganden lässt sich die Porengrösse und damit auch die Funktionalität und Stabilität der MOFs steuern. Diese sogenannte retikuläre Che- mie erlaubt also ein rationales Design – im Gegensatz zur früher oft zufallsgetrie- Bedeutung des Nobelpreises für Chemie 2025 Jonathan de Roo im Interview über Metal-Organic Frame- works (MOFs) Am 10. Dezember 2025 wurde in Stockholm der Nobelpreis für Chemie an die Professoren Dr. Susumu Kitagawa, Dr. Richard Robson und Dr. Omar M. Yaghi verliehen. Die drei Forschenden wurden für ihre bahnbrechenden Arbeiten an metall-organischen Gerüstverbindun- gen, den sogenannten Metal-Organic Frameworks (MOFs), ausge- zeichnet. Diese hochporösen Materialien bestehen aus Metallionen und organischen Verbindungselementen (Liganden). Aufgrund ihrer immensen inneren Oberfläche können sie grosse Mengen an Gasen und Flüssigkeiten aufnehmen, speichern oder umwandeln – mit grossem Potenzial für verschiedenste Anwendungen. Im Interview erklärt Prof. Dr. Jonathan de Roo vom Departement Chemie der Uni- versität Basel, was die Faszination von MOFs ausmacht und wie seine Gruppe zu dieser Forschung beiträgt. oder Schadstoffe aus der Luft zu entfer- nen oder Schwermetalle aus Wasser zu filtern. Sogar die Gewinnung von Gold aus Meerwasser wird untersucht: Obwohl die Goldkonzentrationen gering sind, ist das aufgrund der riesigen Wassermengen dennoch interessant. Darüber hinaus können MOFs als Ka- talysatoren dienen. Dabei binden die um- zusetzenden Moleküle in den Poren an Metallionen oder funktionelle Gruppen, werden aktiviert und können chemisch umgesetzt werden. Wichtig ist dabei, dass das Produkt freigesetzt wird und sich die MOFs regenerieren lassen, damit sie wie- derverwendet werden können. Es gibt zahlreiche weitere Anwendun- gen, da sich die MOFs so gestalten lassen, dass sie ganz selektiv nur bestimmte Mo- leküle aufnehmen und gegebenenfalls auch wieder freisetzen. benen Synthesen neuer Materialien. So lässt sich zum Beispiel ganz gezielt ein MOF entwickeln, das Wasserstoff (H2) und Kohlendioxid (CO2) voneinander trennt, indem die Poren genau auf die Grösse des kleineren H2-Moleküls abgestimmt wer- den. SNI INSight: Welche Anwendungen sind für MOFs besonders vielverspre- chend? Jonathan de Roo: Die Einsatzmöglich- keiten sind enorm vielfältig. Ein oft ge- nanntes Beispiel ist das Sammeln von Wasser aus der Luft in trockenen Regio- nen – das Wasser wird dabei im MOF ge- speichert und kann durch Erhitzen wie- der freigesetzt werden. MOFs eignen sich aber auch, um CO2 4 SNI INSight Dezember 2025

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